LA MESMA

Yoga für mehr Achtsamkeit und ein neues Körperbewusstsein nach Brustkrebs

Yoga nach Brustkrebs

Yoga ist eine jahrtausendealte Praxis, die Körper, Geist und Seele miteinander verbindet und in den letzten Jahrzehnten weltweit an Popularität gewonnen hat. Wir möchten wissen, was dahintersteckt, aber vor allem, wie Yoga speziell bei einer Genesung nach Brustkrebs unterstützend zu dieser beitragen kann. Dafür haben wir Annekatrin Borst von „Yogamomente“ im Interview, die aus ihrer Praxis berichtet und Ihre ganz eigenen Erfahrungen und Beweggründe mit uns teilt, die dazu beigetragen haben, insbesondere Frauen die an Krebs erkrankt sind mit ihrer Yoga-Expertise zu begleiten.

In diesem Blogartikel werden wir uns damit befassen, was genau Yoga ist, welche konkreten Vorteile es für die körperliche, mentale und emotionale Gesundheit hat und wie genau es die Genesung nach einer Brustkrebsbehandlung unterstützt.

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Annekatrin Borst von Yogamomente

LA MESMA: Wie bist du zum Yoga gekommen und dazu, dieses auch speziell als Unterstützung für brustkrebserkrankte Frauen anzubieten? 

Es gab eine Zeit mit einigen persönlichen Herausforderungen. Nachdem ich in einer Weiterbildung etwas ins Yoga hinein geschnuppert hatte, dachte ich, das fühlt sich gut an. Daraufhin habe ich mir einen Yoga-Kurs in meiner Stadt gesucht und regelmäßig teilgenommen und nach jeder Stunde ging es mir einfach gut. 

Mit meiner beruflichen Grundqualifikation bin ich es gewohnt immer wieder Aus- und Fortbildungen zu besuchen. Um tiefgründiger ins Yoga eintauchen zu können, habe ich mich nach einer Ausbildung zur Yogalehrerin umgesehen und bin in Jena an der Integralen Yoga Akademie fündig geworden. 

Mir war schnell klar, dass ich diese wohltuende Art des Bewegens und das in Verbindung kommen mit dem Atem weitergeben und unterrichten möchte. Das habe ich dann auch schon Ausbildung begleitend gemacht, mit positiver Resonanz.

Yoga auch für Brustkrebs erkrankte Frauen anzubieten war eine logische Schlussfolgerung aus meiner Aktivität seit Studienzeiten. Während des Studiums gab es einerseits familiäre Berührungspunkte mit einer Brustkrebserkrankung und ich bin dort intensiv in die Betreuung von Sportgruppen mit Erkrankten eingestiegen. Zunächst hospitierend, zunehmend leitend. Das führte sich fort, in meiner Anstellung in einem Rehazentrum mit angegliedertem Brustzentrum in Hessen. Und auf Grund der Resonanz der Frauen, die teilgenommen haben, der vielfältigen positiven Auswirkungen, welche die Frauen dadurch erleben, bin ich weiterhin in Thüringen dazu aktiv.

VORTEILE VON YOGA FÜR DIE KÖRPERLICHE, MENTALE UND EMOTIONALE GESUNDHEIT

Die Vorteile, die die regelmäßige Yogapraxis mit sich bringt sind vielseitig und lassen sich laut Annekatrin sogar durch Studien belegen. Wir haben 10 Aspekte zusammengetragen, wie Yoga positiv Einfluss auf unsere Gesundheit nehmen kann.

Ganzheitliche Gesundheit: Yoga bietet eine ganzheitliche Herangehensweise an die Gesundheit, die Körper, Geist und Seele miteinbezieht. Die verschiedenen Aspekte des Yoga, einschließlich körperlicher Übungen (Asanas), Atemübungen (Pranayama) und Meditation, können dazu beitragen

Stressabbau: In unserer hektischen modernen Welt suchen immer mehr Menschen nach Möglichkeiten, Stress abzubauen und sich zu entspannen. Yoga bietet effektive Techniken zur Stressbewältigung, darunter Meditation und Entspannungsübungen.

Flexibilität und Stärke: Die körperlichen Aspekte des Yoga verbessern die Flexibilität, Kraft und Ausdauer. Dies ist für viele Menschen ein Anreiz, Yoga zu praktizieren, da es ihnen hilft, ihre körperliche Fitness zu steigern.

Verbesserte Körperwahrnehmung: Yoga fördert die Achtsamkeit für den eigenen Körper. Dies hilft dabei den eigenen Körper besser zu verstehen und die eigenen Bedürfnisse besser wahrzunehmen.

Verbesserte Körperhaltung: Durch die Ausrichtung und Stärkung des Körpers in den Yoga-Asanas können Menschen ihre Körperhaltung verbessern, was wiederum Rücken- und Nackenschmerzen lindern kann.

Bessere Atmung: Pranayama-Übungen im Yoga lehren eine effizientere Atmung, was sich positiv auf die allgemeine Gesundheit auswirken kann.

Schlafqualität: Yoga-Praktizierende berichten oft von einer besseren Schlafqualität und Schlafregulation, was dazu beitragen kann, Schlafstörungen zu reduzieren.

Mentaler Fokus: Yoga kann die Konzentration und den mentalen Fokus stärken. Dies kann nicht nur im Yoga-Unterricht, sondern auch im täglichen Leben von Nutzen sein.

Gemeinschaft und soziale Bindungen: Viele Menschen schätzen die Gemeinschaft und den sozialen Aspekt, der oft mit Yoga-Kursen verbunden ist. Dies kann ein Gefühl der Zugehörigkeit und Unterstützung bieten.

Wie genau sich dies im Alltag von brustkrebsbetroffenen Frauen auswirken kann und welche der Vorteile sogar durch Studien nachgewiesen sind, darüber berichtet Annekatrin uns im Interview.

YOGA UND SEINE VORTEILE FÜR BRUSTKREBSERFAHRENE FRAUEN

LA MESMA: Welche Vorteile bietet Yoga bei oder nach einer Brustkrebserkrankung?

Zum einen tut die Gemeinschaft Gleichgesinnter gut. Austausch findet rund um die Einheit statt und während des Hatha Yoga stehen die eigene Wahrnehmung des Körpers, das Wahrnehmen eigener Möglichkeiten sowie die Freude an der Bewegung im Vordergrund.  

Durch Studien nachgewiesen: 

  • Verbesserter allgemeiner Gesundheitszustand, höhere Lebensqualität, mehr Vitalität
  • Deutliche Reduktion der Erschöpfungssymptomatik «Fatigue»
  • Abnahme von Ängsten und Stress
  • Verbesserte Schlafqualität
  • Leichtere Bewältigung des Alltags/der Alltagsaktivitäten 
  • Entzündungshemmung
  • Weniger Schmerzen oder erleichterter Umgang mit Schmerzen 
  • erleichtertes “Annehmen/Akzeptieren-Können“ der Krankheitserfahrung

Speziell nach einer Brustkrebsbehandlung, die Operationen, Bestrahlung und Chemotherapie mit sich bringt, ist der Körper stark belastet aber auch verändert. Yoga kann helfen, auf sanfte Weise, die Muskeln zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die allgemeine körperliche Gesundheit zu fördern. Durch regelmäßige Yogaübungen können brustkrebserfahrene Frauen ihre körperliche Stärke wiedergewinnen und sich schneller erholen. Welche Übungen dazu beitragen und was genau diese im Alltag der Frauen bewirken sollen, Annekatrin nimmt uns mit und berichtet.

LA MESMA: Yoga wird oft als eine ganzheitliche Praxis angesehen. Kannst du uns mehr darüber erzählen, wie Yoga nach einer Krebserkrankung nicht nur die körperliche, sondern auch die mentale und emotionale Gesundheit fördern kann?

Den Körper in Bewegung und Ruhe wahrzunehmen, sind für mich Zugang zu tieferem Verstehen. Alle Gedanken verursachen Gefühle und diese werden auch körperlich spürbar bzw. finden im Körper ihren Ausdruck. Wir müssen dafür aber aufmerksam sein, um diese Gedanken mitzubekommen. 

  • über die Bewegung möchte ich für meine Kursteilnehmerinnen erlebbar werden lassen, wozu ihr Körper trotz aller Hürden und Veränderungen in der Lage ist
  • ihre Aufmerksamkeit schärfen, so dass sie bewusst wahrnehmen: wie bin ich mit mir im Dialog? – sehr kritisch oder eher freundlich, liebevoll? Denn auch diese Gedanken sind als Veränderungen in Spannungszuständen des Körpers spürbar. 
  • Anfang aller Veränderung ist, das Bewusstsein und Wahrnehmen. Erst wenn die Teilnehmerinnen mitbekommen, dass sie eine Schonhaltung einnehmen oder sich innerlich einreden, etwas nicht schaffen zu können, können sie innehalten und sich aufrichten oder ganz klar eine positive Ausrichtung einnehmen.
Yoga

YOGAÜBUNGEN SPEZIELL FÜR DIE GENESUNG NACH EINER BRUSTKREBSBEHANDLUNG

LA MESMA: Welche besonderen Anpassungen oder Techniken verwendest du in deinen Yoga-Kursen für Frauen, die sich von einer Brustkrebsbehandlung erholen?

  • Sanfte Bewegungsabfolgen und ein immer wieder neues Entdecken der eigenen Grenzen HEUTE / JETZT sind Inhalt wie auch bspw. Ausatemverlängerende Atemtechniken, die Entspannung fördern. Denn die Diagnose und die Behandlungsmaßnahmen über lange Zeit bauen Stress auf. Immer wieder neue Ungewissheiten. Dies gilt es wahrzunehmen. Die Atemtechniken helfen dabei, Stress zu reduzieren oder unterstützten, besser einzuschlafen, wenn die Gedanken wieder wild Karussell fahren
  • Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass jede Teilnehmerin für sich herausfindet: Was brauche ich jetzt? Was tut mir gut? Und wenn sie merkt, dass eine Bewegung heute nicht passend ist, dies dann auch anzunehmen. Damit entwickelt sich eine Selbstwirksamkeit. Die Frauen nehmen sich wahr und reagieren auf ihre eigenen Bedürfnisse.  Körperwahrnehmung und Atmung sind dafür ein Schlüsselelement. 
  • Achtsamkeit – das Entdecken der vielen kleinen Schönheiten in sich und der eigenen Umgebung
  • Außerdem widmen wir uns in meinen Kursen auch immer wieder den Mobilisationsübungen für den Schulter-Arm-Bereich. Speziell den Bereichen, die durch die Behandlungsmaßnahmen häufig beeinträchtigt sind.

Tipps für eine sichere und effektive Yoga-Praxis während der Genesung von Brustkrebs

Während Yoga viele Vorteile für die Genesung nach einer Brustkrebsbehandlung bietet, ist es wichtig, die Praxis sicher und effektiv zu gestalten. Hier sind einige Tipps, die helfen können, Yoga sicher und effektiv zu praktizieren:

  1. Konsultiere deinen Arzt: Bevor du mit Yoga beginnst, ist es wichtig, deinen Arzt zu konsultieren und sicherzustellen, dass du körperlich dazu in der Lage bist.
  2. Finde eine(n) qualifizierte(n) Yoga-Lehrer(in): Eine qualifizierte Yoga-Lehrerin, wie Annekatrin, kann dir dabei helfen, die richtigen Übungen und Posen auszuwählen und sicherzustellen, dass du sie korrekt ausführst.
  3. Höre auf deinen Körper: Während des Yoga-Trainings ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören und Schmerzen oder Überanstrengung nicht zu ignorieren. Nimm dir die nötige Zeit, um dich zu erholen und gib deinem Körper die Ruhe, die er braucht.
  4. Vermeide übermäßige Dehnung: Da der Körper während der Genesung empfindlicher sein kann, ist es wichtig, übermäßiges Dehnen zu vermeiden.
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LA MESMA: Was würdest du unseren Leserinnen mit auf den Weg geben, die gerne Yoga für sich ausprobieren möchten?

  • Manchmal kostet der Start sich einer Gemeinschaft zum Yoga anzuschließen, eine große Portion Mut. 
  • Da gibt es viele Ängste, verbunden mit der eigenen Unsicherheit und Unzufriedenheit durch die körperlichen Veränderungen oder der spürbar reduzierten Leistungsfähigkeit. 
  • Jede kann starten und ist willkommen. Und jede darf in ihrem Tempo, mit ihrer Intensität loslegen. Wenn du dich in einer Gemeinschaft wohlfühlst, wunderbar. Wenn nicht, lohnt es sich weiterzusuchen und das Vorhaben nicht gleich wieder abzulegen. Bleib dran und du wirst eine Gemeinschaft finden, in der du dich wohlfühlst.

PERSÖNLICHE GESCHICHTEN VON BRUSTKREBSERFAHRENEN FRAUEN, DIE DURCH YOGA HEILUNG ERFAHREN HABEN

LA MESMA: Sicher hast du im Laufe der Zeit bereits einige besondere Geschichten von Frauen erlebt, die durch deine Yoga-Kurse nach einer Brustkrebsdiagnose positive Veränderungen erlebt haben. Wenn ja, kannst du eine oder zwei davon mit uns teilen?

Ja, es ist immer wieder schön zu sehen, wie die Frauen zunächst zurückhaltend starten (teils auch unsicher, weil sie nicht mehr genau wissen, was sie ihrem Körper zutrauen können), manchmal gerade in einer Phase der Behandlung, in der die Haare ausfallen und mit sehr wechselndem Wohlbefinden. Und dann im Laufe der Zeit aufgerichteter und vorfreudig zum Yoga kommen. Es ist dann zum einen eine klare Entscheidung, ich nehme mir jetzt Zeit für mich! Und dann tut es ihnen unglaublich gut, den Körper in der Anstrengung und in der Erholung zu erleben. 

Die Veränderungen sind so unterschiedlich: Es freut mich bspw. riesig, wenn ich höre, dass sich eine Teilnehmerin jeden Morgen etwas Zeit für sich nimmt und spazieren geht oder ein paar Yogaübungen macht, tief durchatmet bevor der Tag startet. Und zu hören, dass der Tag dann gut beginnt, macht mich sehr zufrieden. Denn dann sind wir im Punkt Selbstfürsorge schon einen großen Schritt gegangen.

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Die Diagnose führt ja nicht selten dazu, dass sich Frauen erst einmal zurückziehen, die sozialen Kontakte reduzieren. 

Der Powerfrauenkurs hat da schon häufig zu neuen Freundschaften geführt und eine Gruppe hat ganz offensiv gebeten, dass ich Ihnen Nordic Walking erkläre und trifft sich zusätzlich 1x/Woche zum Nordic Walking. Das ist phänomenal. Denn die positiven Auswirkungen von körperlicher Aktivität vor, während und nach einer Krebserkrankung sind vielfältig. Nicht umsonst heißt es oft auch aus Medizinerkreisen: Sport ist so wichtig wie ein Medikament!

DIE TRANSFORMATIVE KRAFT DES YOGA AUF DEM WEG ZUR GENESUNG NACH EINER BRUSTKREBSBEHANDLUNG

Die Diagnose und Behandlung von Brustkrebs stellen eine überwältigende und belastende Erfahrung für Körper und Geist dar. Yoga bietet durch seine ganzheitliche Praxis die ideale Möglichkeit, nach einem so prägenden Erlebnis, einen neuen Zugang zu sich und seinem Körper zu erlangen. Achtsamkeit und Bewusstsein helfen dabei den Körper neu kennenzulernen, die eigenen Bedürfnisse bewusst wahrzunehmen und zu achten, aber auch sich selbst und den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Vor allem aber der Austausch und die Gemeinschaft stärken das Zugehörigkeitsgefühl und lassen die Teilnehmerinnen eines Yoga-Kurses zunehmend an Stärke und Mut gewinnen. 

Durch die Unterstützung eines/r qualifizierten Yoga-Lehrers/in ermöglicht die regelmäßige Yoga-Praxis einen neuen Zugang zu Körper, Seele und Geist und hilft brustkrebserfahrenen Frauen so, auf vielfältige Art und Weise, ihren Alltag, aber auch ihren veränderten Körper neu wahrzunehmen und die daraus resultierenden Herausforderungen gekonnt zu meistern. 

Bildnachweis:

Bild 1: © FatCamera via canva.com

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Bild 5: © Kaspars Grinvalds via canva.com

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